
Der Arbeitsmarkt ist in Bewegung. Zuletzt lag die Zahl der Jobangebote mehr als ein Drittel höher als vor Beginn der Pandemie. Das zeigt eine aktuelle Studie des Stellenportals StepStone. „In Zukunft ist unsere größte Herausforderung am Arbeitsmarkt nicht Arbeitslosigkeit, sondern Arbeiterlosigkeit“, sagt StepStone-Arbeitsmarktexperte Dr. Tobias Zimmermann.
Arbeitgeber ohne Homeoffice-Angebot werden aussortiert
Gleichzeitig wollte 2021 laut derselben Studie jede:r Zweite unter den Arbeitnehmenden die Jobsuche intensivieren. Eine zentrale Rolle spielt dabei auch der Wunsch nach modernen Arbeitsformen. So stieg der Anteil der Suchanfrage nach Jobs mit Homeoffice-Möglichkeit bei StepStone 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 105 Prozent. „In naher Zukunft wird Homeoffice als Teil flexibler Arbeit für einen Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Selbstverständlichkeit“, so Zimmermann. „Arbeitgeber, bei denen das nicht geht, werden schon vorab aussortiert.“
„New Work“ ist also in der Arbeitswelt angekommen. Der Begriff umschreibt eine Vielzahl von alternativen Arbeitsmodellen und -formen – von Homeoffice über agile Arbeitsweisen bis hin zur Umverteilung von Macht in Unternehmen. Doch welche New-Work-Konzepte funktionieren in der Praxis? Prof. Dr. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE, und Dirk Hahn, Vorstandsvorsitzender der Personalberatung Hays, haben im HR-Report 2021 sieben besonders verbreitete New-Work-Formen untersucht. Sie zeigen, welche Konzepte in der Praxis zum Einsatz kommen und vor welchen Herausforderungen Unternehmen heutzutage stehen:
New Work-Formen
Die häufigste Ausprägung von New Work ist laut HR-Report die zeitliche Flexibilisierung der Arbeit. Sie ist in 61 Prozent der befragten Unternehmen zu finden. Die Coronakrise hat diese Entwicklung deutlich beschleunigt. Allerdings stellt sie Unternehmen dort vor Probleme, wo nicht alle Beschäftigten im gleichen Maß zeitlich flexibel arbeiten können, etwa aufgrund ihrer Position oder technischen Ausstattung. Das kann zu Neid zwischen den Kolleg:innen führen.
Wer sowohl einer bestimmten Abteilung angehört als auch abteilungsübergreifend in anderen Funktionen in Projektteams tätig ist, der arbeitet in einer projektbasierten Organisationsform. Für Unternehmen ist dies besonders praktisch, weil sie Mitarbeitende dort einsetzen können, wo sie sie brauchen. Knapp über die Hälfte der Mitarbeiter:innen gaben an, dass sie sich im Umgang mit projektbasierten Organisationsformen nicht schwertun.
In den letzten Jahren suchten immer mehr Unternehmen nach einem übergeordneten Sinn ihres Tuns, dem sogenannten Purpose. Zwar hinterfragt laut dem HR-Report gut die Hälfte der befragten Führungskräfte und Mitarbeitenden die sinnstiftende Wirkung ihrer Arbeit bislang eher weniger. Doch vor allem bei jüngeren Arbeitnehmer:innen wachse der Wunsch nach der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit.
Ähnlich wie bei der freien Zeiteinteilung der Arbeit geht der Trend auch in Richtung einer zunehmenden örtlichen Flexibilisierung. Sie wird in 53 Prozent der Unternehmen umgesetzt. Allerdings empfinden Beschäftigte, die keine Flexbilität bei der Wahl ihres Arbeitsorts genießen, häufig Neid auf diejenigen, die örtlich unabhängig arbeiten können. Ratsam sind hier, wie auch bei der zeitlichen Flexibilisierung, transparente Regelungen.
Bereits die Hälfte der Prozesse in Unternehmen setzen agile Organisationsformen um. Insbesondere in Betrieben mit 1.000 bis 5.000 Beschäftigten kommt diese Arbeitsweise zum Einsatz.
New Work wird meist mit flachen oder gar hierarchiefreien Strukturen assoziiert. Allerdings haben laut Studie 59 Prozent der Führungskräfte Schwierigkeiten damit, Mitarbeitende stärker in Entscheidungen einzubinden. Sie glauben, diese damit zu überfordern. Arbeitnehmer:innen nehmen die Situation anders war. Sie stimmen dem nur zu 42 Prozent zu.
43 Prozent der Unternehmen gaben an, sie würden Macht neu verteilen – weg von Führungskräften, hin zu Mitarbeitenden. Doch die Studie zeigt auch: Gerade leitende Mitarbeitende tun sich bisweilen noch schwer damit, Macht abzugeben – insbesondere, wenn sie lange in einem hierarchisch geprägten Umfeld gearbeitet haben.
Keine Frage: New Work ist in vielen Unternehmen bereits angekommen und in der Unternehmenskultur verankert. Wie zum Beispiel bei Xempus. Der IT-Diensleister gibt der Belegschaft Spielraum, um sich selbst zu organisieren. „Die Teams legen selbst fest, in welchen Meetings und an welchen Tagen sie sich im Office treffen,“ sagt Dominique Schaefer, Director People & Organisation. Diese Flexibilität und Möglichkeit zur Selbstorganisation schaffen eine Vertrauensbasis.
Nicht immer ist es notwendig, gleich alle Formen von New Work komplett umzusetzen. Denn das erfordert einiges an Umstellung. Kleine Experimente sowie erste agile Ansätze an geeigneten Stellen können den Weg zu neuen Arbeitsformen ebnen. So öffnen sich Unternehmen schrittweise für die neue Arbeitswelt – und bleiben in Zeiten von Digitalisierung und Fachkräftemangel wettbewerbsfähig.
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