
Blickt man zurück auf die Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2022, dann kommt vielen sofort ein ganz bestimmtes Bild in den Sinn: An einer großen Tafel sitzen zahlreiche Chefs von Wirtschaftsunternehmen – rund 30 Männer mittleren Alters. Unter ihnen keine einzige Frau. Das Foto der Tischrunde ging viral und fachte wieder einmal die Debatte um mehr Diversität – nicht nur in Führungspositionen – an.
Immerhin: Im zurückliegenden Jahrzehnt hat die Bedeutung von Diversität und die Sensibilität ihr gegenüber im Berufsleben deutlich zugenommen. Das lässt sich nicht nur an einer hohen, medialen Präsenz des Themas erkennen, sondern auch an Initiativen wie der „Charta der Vielfalt“. Seit seiner Gründung im Jahr 2006 setzt sich der Verein für Vielfalt am Arbeitsplatz ein. Waren es beim Start noch 200 Unternehmen, sind es mittlerweile über 4.000 Unternehmen, die aktiv an Diversitätsprogrammen arbeiten und sich dort positionieren.
Viele Firmen in Deutschland leisten bereits einen Beitrag für mehr Vielfalt in der Belegschaft. Die Deutsche Bahn etwa hat 2013 beschlossen, dass mindestens eine geeignete Bewerberin bei der Besetzung einer Führungsposition im engeren Auswahlprozess berücksichtigt werden muss. Audi führte im März 2021 die gendersensible Sprache per Unternehmensrichtlinie ein. Und in vielen Konzernen wie beispielsweise bei der Rewe-Group netzwerken bestimmte Gruppen von Mitarbeitenden, etwa Frauen oder LGBTQI+, also Personen mit unterschiedlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen.

Diverse Unternehmen sind profitabler
Den positiven Einfluss von Diversität auf die Wirtschaftlichkeit belegen zahlreiche Studien. Im Jahr 2021 analysierte beispielsweise die Unternehmensberatung McKinsey 1.000 Unternehmen in 15 Ländern. Das Ergebnis: Firmen mit einer hohen Gender-Diversität haben eine um 25 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Unternehmen, die darüber hinaus einen diversen Vorstand vorweisen können, wiesen sogar eine um 36 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit auf, besonders profitabel zu sein. Denn eine diverse Belegschaft ermöglicht unterschiedliche Blickwinkel und vielfältigere Lösungsansätze.
Inklusive Technologien gefragt
Was es andersherum bedeutet, wenn diese Vielfalt fehlt, zeigt der Blick auf die Tech-Branche. Hier entwickeln Firmen mit einer umfangreichen inklusiven Praxis mit einer viermal höheren Wahrscheinlichkeit inklusive Produkte als solche ohne, so eine Studie der Unternehmensberatung Cap Gemini von 2021. Verfügen die entwickelnden Unternehmen nicht über ein inklusives Wertesystem, kann es passieren, dass ihre Technologien wie Apps, Webseiten oder auf künstlicher Intelligenz basierende Systeme die Nutzer diskriminieren. Fast die Hälfte der in der Studie befragten Frauen, die aus ethnischen Minderheiten stammten, gaben beispielsweise an, schlechtere Bonitätsrankings bei Bankprodukten zu erhalten.
So gelingt die Integration ausländischer Arbeitskräfte
Auch die Integration ausländischer Arbeitskräfte ist nur erfolgreich, wenn alle Teammitglieder einbezogen werden. Laut des Reports Vielfalt der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2020 sei ein gelebtes Erwartungsmanagement nötig, Anerkennung und Wertschätzung zu etablieren. Die Kolleginnen und Kollegen müssten sich gezielt darum müssen, ein neues Teammitglied mit Migrationshintergrund in die üblichen Konventionen und Arbeitsverhältnisse einzubeziehen. Nur so ließe sich vermitteln, wie hierzulande gearbeitet wird, um Missverständnisse zu vermeiden.
Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zufolge haben in Deutschland 26 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Rund die Hälfte davon (52,4 Prozent) besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Laut einer Umfrage des Jobportals Indeed unter 502 erwerbstätigen Menschen mit Migrationshintergrund erleben viele Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt: Rund 53 Prozent der Befragten gaben an, mehr oder weniger regelmäßig bei der Jobsuche benachteiligt zu werden. Auch hier zeigt sich ein Unterschied zwischen Männern und Frauen. Fühlten sich unter den Männern nur ein Drittel diskriminiert, waren es bei den Frauen fast jede Zweite.
Rund 53 Prozent der Befragten gaben an, mehr oder weniger regelmäßig bei der Jobsuche benachteiligt zu werden.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Diversity Management für deutsche Unternehmen eine wichtige Aufgabe ist. In jedem Fall tun sie gut daran, Diversitätsziele zu formulieren und mit Maßnahmen und Programmen zu untermauern. Denn Diversität und Inklusion sind fortwährende Prozesse, die Unternehmen sowie jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer eigeninitiativ mitgestalten können.
Der Wettbewerb EY Entrepreneur Of The Year kürt auch in diesem Jahr wieder die besten Unternehmer:innen in den Kategorien Familienunternehmen, Innovation, Nachhaltigkeit und Junge Unternehmen.
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