
Mitten am Tag zu Hause auf dem Balkon sitzen, einen Kaffee trinken und das Gesicht in Richtung Sonne strecken. Solche Momente waren vor der Coronapandemie vor allem Freelancern und Selbstständigen vorbehalten. Seit rund zwei Jahren genießen nun auch viele Festangestellte die Freiheit des ortsunabhängigen Arbeitens. Und wer erst einmal in den Genuss gekommen ist, der will nicht mehr zurück.
Die Arbeitswelt der Zukunft ist flexibel und hybrid
Im Gegenteil: Um das Arbeiten noch angenehmer zu gestalten, zieht es immer mehr Menschen aus der Großstadt. Eine Studie des ifo-Instituts und des Immobilienportals Immowelt aus dem vergangenen Jahr zeigt: Mehr als jede und jeder Achte (12,9 Prozent) in Städten mit über einer halben Million Einwohnerinnen und Einwohnern möchte diese binnen maximal eines Jahres verlassen. Die Gründe dafür seien vielfältig, aber klar sei auch, dass das Homeoffice solche Entscheidungen erleichtere.
Auf der anderen Seite haben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Tücken der Heimarbeit kennengelernt. Die Work-Life-Balance gerät leicht aus den Fugen, weil die Arbeitszeit oft in den Feierabend rückt, die Schlafanzugshose zum täglichen Dresscode wird und der Nachwuchs alle Teilnehmenden im digitalen Meeting unterhält. Und: Viele wollen nicht auf den persönlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen im Büro verzichten.
Expertinnen und Experten kommen deshalb zu dem Ergebnis, die neue Arbeitswelt wird flexibel und hybrid sein. Studien, wie etwa eine aktuelle Befragung der Beratungsorganisation EY, bestätigen diesen Trend. Ihr zufolge wollen etwa 80 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter von 20 bis 50 Jahren künftig ihre Arbeitszeit vollständig oder teilweise im Homeoffice verbringen. Die Frage, ob sie sich vollkommen ortsunabhängiges Arbeiten bis zum Jahre 2030 vorstellen können, bejahen 84 Prozent.

Coworking-Space statt klassischer Büroräume
„Nach den guten Erfahrungen mit mobilem Arbeiten oder im Homeoffice ist für die Mitarbeitenden vieles möglich geworden, was vor der Pandemie noch undenkbar schien“, sagt Nelson Taapken, Change-Experte und Partner bei EY. Die Hälfte der Befragten kann sich zudem vorstellen, dass es bis 2030 keine Firmengebäude mehr gibt. Wie so etwas in der Praxis aussehen kann, zeigt das Beispiel von Planworx. Die Eventagentur hat ihr Büro geschlossen, stattdessen verfügt sie seit kurzem über sechs Büroarbeitsplätze in einem Münchner Coworking-Space. Das sei laut Geschäftsführer Christian Münch ausreichend, weil die Mehrheit der 50 Mitarbeitenden mittlerweile von zu Hause aus arbeite.
Und auch wenn Unternehmen nicht auf eigene Büros verzichten möchten, so werden die Räumlichkeiten heute anders gestaltet als früher. Etwa das neue Headquarter der New Work SE (vormals Xing SE) in Hamburg: Die Arbeitsumgebung wurde nach den Wünschen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden konzipiert. Anstatt klassischer Büros bietet sie verschiedene Arbeitszonen, die frei wählbar sind – von allen, auch vom Vorstand. Ein Fokus liegt außerdem auf Zusammenarbeit, Dialog und Kommunikation. Zudem dienen mehr als ein Dutzend Räume der Ablenkung, Entspannung und Kontemplation.
Menschliche Tätigkeiten im Fokus
Natürlich bestimmen auch neue Technologien die Zukunft der Arbeit. Wie sehr, hängt wesentlich von der Branche und den Tätigkeiten beziehungsweise Qualifikationen ab. Doch Forschungen legen nahe, dass jede und jeder auch künftig einen Arbeitsplatz finden wird, die Menschen also nicht beispielsweise von künstlicher Intelligenz ersetzt werden. Zukunftsforscher Matthias Horx postulierte bereits 2015 in seinem Essay „Fünf Thesen zur Zukunft der Arbeit“, dass „Arbeit kein Kuchen ist, der irgendwann vertilgt ist“. Allerdings wird es künftig noch viel mehr darauf ankommen, seine Qualifikationen an neuen Bedarfen auszurichten. Das Thema Fort- und Weiterbildung wird zunehmend wichtiger, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber. Denn der Benefit macht das Unternehmen nicht nur zukunftsfähig – es bedeutet auch im Recruiting ein Plus im War for Talents.
Der Strategie- und Technologieberater Bernard Marr hat zehn Kompetenzen zusammengetragen, die Beschäftigte in Zukunft brauchen, um erfolgreich zu sein. „Da die Halbwertszeit einer Fähigkeit von 30 Jahren auf durchschnittlich sechs Jahre gesunken ist, ist es für uns alle an der Zeit, uns Fähigkeiten anzueignen, die uns zu wertvollen Ressourcen am zukünftigen Arbeitsplatz machen“, sagt Marr.

Erfolgskompetenzen der Zukunft:
- Kreativität
- Emotionale Intelligenz
- Analytisches beziehungsweise kritisches Denken
- Aktives Lernen
- Urteilsvermögen und Entscheidungsfindung
- Zwischenmenschliche Kommunikation
- Führungsqualitäten
- Diversität und kulturelle Intelligenz
- Technologische-Kompetenz
- Offenheit für Wandel
Was wenig überrascht: all diese Fähigkeiten sind zutiefst menschliche – können also nicht von neuen Technologien einfach „ersetzt“ werden. Wer sich heute schon an diese Kompetenzen aneignet, wird es in der Arbeitswelt von morgen leichter haben.
Der Wettbewerb EY Entrepreneur Of The Year kürt auch in diesem Jahr wieder die besten Unternehmer:innen in den Kategorien Familienunternehmen, Innovation, Nachhaltigkeit und Junge Unternehmen.
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