Schnelles Internet: Da geht noch mehr!

Deutschland kommt im Vergleich mit anderen Industrienationen nicht besonders gut weg, wenn es um schnelles Internet geht. Jetzt, wo Arbeit und öffentliches Leben zu großen Teilen digital ablaufen, fällt das deutlicher auf als je zuvor.


Nachfrage nach Highspeed-Internet enorm gestiegen

Seit Beginn der Pandemie ist die Nachfrage nach schnellem Internet in Deutschland erheblich gestiegen. Zum einen sind viele Menschen im Laufe des letzten Jahres ins Homeoffice gewechselt und arbeiten jetzt statt von einem zentralen Ort von vielen verschiedenen Standorten aus, teilweise natürlich auch auf dem Land. Zum anderen hat der private Konsum digitaler Unterhaltungsmedien erheblich zugelegt. Auch ein großer Teil des öffentlichen Lebens, zum Beispiel Veranstaltungen, hat sich ins Internet verlagert. Mit der steigenden Intensität der Nutzung, wächst natürlich auch der Anspruch an eine schnelle und ruckelfreie Verbindung.

Das Vergleichsportal Verivox meldet nach Auswertung seiner Daten im Dezember 2020 für die größten Netzbetreiber eine um bis zu 70 Prozent gestiegene Nachfrage nach leistungsstärkeren Internetanschlüssen.

Breitband-Internet hat viele Gesichter

Was man genau unter leistungsstarken Internetanschlüssen versteht, liegt allerdings  im Auge des Betrachters und verändert sich rasant. Das Wort, das in diesem Zusammenhang seit Jahren in aller Munde ist, ist der sogenannte Breitbandausbau. Aber was ist dieses Breitband überhaupt und wie schnell ist es? Verschiedene Staaten definieren die Datenübertragungsrate, die es braucht, um eine Verbindung Breitband zu nennen, unterschiedlich. In Deutschland gilt ein System oder Dienst dann als breitbandig, wenn die Datenübertragungsrate über 256 KBit/s liegt. Das ist zwar schneller als ältere Zugangstechniken wie das Telefonmodem- oder die ISDN-Einwahl, aber immer noch nicht das, was wir heute unter schnellem Internet verstehen würden.

Wenn es in den Medien um Breitbandanschlüsse und den Ausbau von Breitbandtechnologie geht, dann sind damit in der Regel Technologien gemeint, die eine Datenübertragungsrate von mindestens einigen zig, eher sogar einigen hunderten Mbits pro Sekunde garantieren. Dazu gehören DSL über die Telefonleitung oder über den Kabelanschluss, Glasfaserleitungen und der Mobilfunkstandard LTE. Auch Satellitenverbindungen gehören dazu, sind aber für die breite Masse nicht wirklich relevant.

Glasfaser: Deutschland im OECD-Vergleich ganz weit hinten

Die Verlegung von Glasfaser bis direkt zum Verbraucher ist unter den Highspeed-Technologien eine der vielversprechendsten. Sie ermöglicht Datenübertragungsraten mit bis zu 1GB (1000 MB) pro Sekunde. Deutschland ist hier jedoch noch nicht besonders weit. Der Anteil aller Breitbandanschlüsse, die mit Glasfaser realisiert werden, beträgt gerade einmal 4,7 Prozent. Damit liegt Deutschland im Vergleich der OECD-Staaten auf Platz 34. Nur Österreich, Großbritannien, Belgien und Griechenland schneiden noch schlechter ab. Auf den ersten drei Plätzen finden sich Südkorea (83,9 %) Japan (80,8 %) und Litauen (75,7 %).

Das Problem beim Ausbau ist vor allem die sogenannte „letzte Meile“, also der Weg vom letzten Knotenpunkt in die Wohnung oder ins Büro sowie der Ausbau auf dem Land. Derzeit setzen viele Anbieter statt auf Glasfaser noch auf Vectoring, quasi ein Tuning der bestehenden Kupferleitungen. Mit dieser Technik können auch alte Leitungen höhere Übertragungsraten erreichen.

Aber selbst, wenn man alle Technologien einbezieht, schneidet Deutschland nicht besonders gut ab. Auf der aktuellen interaktiven Karte des ISPs Cable.co.uk, die Breitbandgeschwindigkeiten von 200 Ländern weltweit darstellt, liegt Deutschland gerade mal auf Platz 42 mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 42 Mbit/s im Jahr 2020.

Was ist in den kommenden Jahren zu erwarten?

Das Versprechen der Bundesregierung, dass jeder deutsche Haushalt bis Ende 2018 Zugang zu einem mindestens 50 Mbit/s schnellen Breitbandanschluss haben soll, konnte nicht eingehalten werden. Zu Beginn der Pandemie im März 2020 hat die Regierung nun Maßnahmen angekündigt, die den Ausbau beschleunigen sollen. Dazu gehört vor allem, Anträge und Genehmigungsverfahren zu erleichtern. Wohnungseigentümer können somit angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die (...) dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität (...) dienen", heißt es dort.

Zudem steht ein weiteres mutiges Ziel im Raum. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) schreibt auf seiner Seite: „Das übergeordnete Ziel ist superschnelles Internet mit mindestens 1 Gigabit/s in ganz Deutschland bis 2025. Schulen, Gewerbegebiete und Krankenhäuser werden prioritär in den Fokus der Förderung genommen.“

Ob das haltbar ist, wird sich zeigen. Die derzeitig existierenden Hürden lassen Zweifel daran zu. Denn die Gründe für den schleppenden Ausbau sind vielfältig und gehen weit über die Genehmigungsverfahren hinaus. Sie reichen von einer unzureichenden Strategie über Probleme bei der Förderung bis hin zu einem Mangel an Tiefbaukapazitäten. Ein Problem zumindest, könnte durch die Pandemie jetzt behoben werden: Lange Zeit war die Nachfrage nach sehr schnellen Leitungen, wie es Glasfaserkabel bis direkt zum Nutzer bieten, nicht stark genug, als dass sich Investitionen für die Anbieter gelohnt hätten. Das aktuell große Interesse an schnellen Verbindungen könnte sich somit positiv auf die allgemeine Entwicklung des Breitbandausbaus auswirken.

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